Dass Kleinstaaten auf die internationale Vernetzung im Handel, für Investitionen und Arbeitskräfte angewiesen sind, wird gerne als Totschlagargument für die bedingungslose Beibehaltung der bestehenden bilateralen Verträge von heimischen EU-freundlichen Politkern herbeigezogen. Die Analyse ist richtig, die Schlussfolgerung falsch. Es ist unbestreitbar, dass für die Schweiz ein Leben in Prosperität ohne die internationale Arbeitsteilung undenkbar ist. Die angebliche Alternativlosigkeit der bilateralen Verträge mit der EU hingegen ist dem eurozentristischen Denken und oftmals auch dem ökonomischen Unverständnis geschuldet.
Es ist die Natur des Handels, dass er im beidseitigen Nutzen der beteiligten Partner liegt. Ein Tausch kommt nur zustande, wenn beide Parteien sich erhoffen, davon zu profitieren. Durch die subjektive Wertschätzung von verschiedenen Gütern ist es möglich, dass allein durch den Tausch beide Parteien einen „Gewinn“ erzielen. Anders wäre die Motivation zum Tausch nicht zu begründen! Wieso sollte jemand einen Handel eingehen, um danach mit anderen, aber für ihn gleichwertigen Gütern wie zu Beginn dazustehen? Das ist die fundamentalste Erkenntnis der Österreichischen Schule der Nationalökonomie.
Was unter einzelnen Menschen gilt, gilt gleichermassen für den internationalen Handel, der nur eine Zusammenfassung der Tausenden von Einzeltransaktionen zwischen Menschen in verschiedenen Ländern darstellt. Je mehr freier Austausch vom Staat zugelassen wird, umso wohlhabender werden die Menschen.
Wäre die EU eine Organisation mit ehrlichem Interesse an echtem Freihandel, wäre die Diskussion hier zu Ende. Echter Freihandel kommt ohne zigtausende Seiten von Regulierungen aus. Freihandel ist ein Einzeiler. Jeder darf exportieren und importieren, was er will, der Staat mischt sich nicht in die Geschäfte der Bürger ein, die sie als für sich nützlich erachten.
Leider ist die EU kein derartiges Freihandelsprojekt. Häufig ist sie sogar das Gegenteil, wenn sie sich für Abschottung von Entwicklungsländern durch unüberwindbare Regulierungshürden einsetzt oder wenn sie protektionistische Zölle erhebt oder schlicht und einfach Verbote für bestimmte Güter erlässt. Die internationalen Verträge, welche fälschlicherweise als „Freihandelsabkommen“ bezeichnet werden, haben mit freiem Handel wenig zu tun. Es sind Handelsabkommen, welche in unendlicher Anzahl von Paragraphen den Handel regeln. Dazu kommt der territoriale Machtanspruch, den die EU auf den Kontinent Europa hält. Dies äussert sich am offensichtlichsten mit der ständigen terminologischen Gleichsetzung von Europa und der EU.
Anstelle von bilateralen Handelsabkommen brauchen wir echten Freihandel. Wer offen für Handel mit allen ist, kann dies einseitig erklären. Dieses Vorgehen ist als unilateraler Freihandel bekannt. Länder wie Hongkong und Singapur haben es durch einseitigen Abbau von Handelsbarrieren zu führenden Wirtschaftsnationen gebracht
Es ist ein fundamentales Recht eines jeden Menschen, sein Eigentum mit anderen zu tauschen, ohne vom Staat daran gehindert oder eingeschränkt zu werden. Unilateraler Freihandel ist nicht nur das effektivste und einfachste Mittel zu mehr Wohlstand, es ist auch der einzige moralische Weg. Wenn andere Staaten oder die EU ihren Bürgern dieses Menschenrecht verwehren, so ist das äusserst tragisch. Eine Schweiz, die als Leuchtturm der Freiheit mitten in Europa steht, wäre das beste Druckmittel gegen diese verachtenswerte Machtpolitik.
Unilateraler Freihandel ist der Weg eines neutralen Staates. Um den Anschein von politischer Bindung zu vermeiden, kann nur die vollständige Nicht-Diskriminierung das Mittel sein. Statt nur einigen auserlesenen Staaten Marktzugang zu gewähren, soll dieser allen Menschen in allen Staaten dieser Welt gleichermassen offenstehen.
Unilateraler Freihandel ist nicht eine Alternative zum Bilateralismus. Er ist die Vorzugsvariante. Es entspricht dem Wesen der Schweiz als eines neutralen Kleinstaats, offen für Freihandel und ehrliche Freundschaft mit allen Staaten ohne politische Einbindung einzustehen.
Christoph Stampfli, Vorstandsmitglied Hayek Club Zürich
1 Kommentar. Leave new
Einerseits: Klingt einleuchtend. Andererseits: Dann können die Schweizer Bauern und einige andere Branchen aber ziemlich schnell einpacken…