Die Österreichische Schule hat ein ungemein reichhaltiges Forschungsprogramm hervorgebracht mit vielen Theorien, die zum Verständnis wirtschaftlicher Zusammenhänge enorm beigetragen haben. In Anlehnung an den klassischen Liberalismus eines Adam Smith oder John Stuart Mill aus dem 18. und 19. Jahrhundert stellen einzelne Menschen den Ausgangspunkt der Analyse dar, deren in Freiheit getroffenen unvorhersehbaren Entscheidungen die Wirtschaft im Ganzen ausmachen.
Besondere Bedeutung wird insbesondere dem Unternehmertum beigemessen, das neues Wissen schöpft und dadurch Potenziale zur Wohlstandsmehrung erschließt. Wirtschaftlicher Fortschritt ist ein Prozess der ständigen Neuentdeckung – vorangetrieben von Individuen, die sich durch spezifische Wertschätzungen sowie spezifisches Wissen auszeichnen und die für die Verwirklichung ihrer Pläne Risiken eingehen. Das verdeutlicht, dass wirtschaftliche Abläufe dynamisch und unsicher sind. Die Zukunft ist also ungewiss, doch sie ist nicht willkürlich – die Theorien der Österreichischen Schule helfen, bestimmte Muster zu identifizieren und daraus Schlussfolgerungen für das Handeln abzuleiten. Und für den Anleger gilt, was bereits Perikles sagte: „Es ist nicht unsere Aufgabe, die Zukunft vorauszusagen, sondern auf sie gut vorbereitet zu sein.“
Eine der größten Stärken in der Österreichischen Ideengeschichte ist die Kapitaltheorie. Vermögensaufbau kann nur durch den nachhaltigen Aufbau von Kapital erreicht werden und hierfür sind Sparsamkeit, Werterhaltung sowie das Eingehen angemessener Risiken vonnöten, um liquide Mittel für Kapitalgüter einzusetzen, die das Potenzial zum Schaffen höherer Werte haben. Die Einträglichkeit von Kapitalgütern hängt dabei von ihrer zukünftigen Fähigkeit ab, in den Märkten Resonanz zu erzeugen. Demnach zeichnen sich gute Unternehmer wie auch Investoren dadurch aus, die richtigen Antworten auf folgende zwei Fragen zu finden: Welche sind unbefriedigte Bedürfnisse in der Welt von morgen? Wie kann ich die mir zur Verfügung stehenden Mittel einsetzen, um die für diese Bedürfnislücke adäquaten Lösungen anzubieten?
Was ist Austrian Investing?
Die Österreichische Schule ist reich mit Ansätzen, die helfen, Antworten auf diese Fragen zu finden. Folglich können auch Anleger etliche sehr wertvolle Erkenntnisse gewinnen, wenn sie sich mit ihr beschäftigen. Der Ansatz des Austrian Investing versucht, eine Anlagepraxis zu etablieren, die sich aus dieser wissenschaftlichen Tradition ableitet.
Zum einen herrscht dabei eine starke Werteorientierung vor. Werte sind keine objektiven Eigenschaften von Gütern, sondern existieren nur subjektiv in den Köpfen von Menschen. Wirtschaft und Handel sind letztendlich eine Folge unterschiedlicher Wertschätzungen. Es sind darum jene Geschäftsmodelle erfolgreich, die subjektive Werte für die Marktteilnehmer produzieren; und es sind jene Investitionen erfolgreich, die dies in Zukunft tun.
Für Anleger gilt es folglich, die zukünftigen Bedürfnisse von Menschen zu schätzen und nach nachhaltigen Geschäftsmodellen Ausschau zu halten, die auf diese Bedürfnisse ausgerichtet sind. Analog zum Value Investing wird mithilfe der Fundamentalanalyse der innere Wert eines Investments ermittelt und mit der aktuellen Bewertung abgeglichen. Eine wichtige Einsicht der Österreichischen Schule ist, dass der Aufbau von Kapital ein irreversibler Prozess ist, bei dem Zeit eine elementare Rolle spielt. Der nachhaltige Vermögensaufbau ist folglich eine Angelegenheit, die Zeit benötigt, und entsprechend ist auch der Anlagehorizont langfristig.
Zum anderen ist aber auch die Analyse des Marktumfelds von großer Bedeutung. Die Österreicher betrachten Preise, die sich auf freien Märkten bilden, als Quantifizierung der subjektiven Wertschätzungen. In ihnen schlagen sich die Präferenzen der Marktteilnehmer nieder, wodurch ihnen ein Wissen inhärent ist, über das kein zentraler Planer verfügen kann. Regierungen beschränken sich daher idealerweise darauf, für ungestört funktionierende Märkte zu sorgen; intervenieren sie in diese, verzerren sie die Preise und lösen Krisen aus.
Ein wesentliches Beispiel hierfür, das im Zentrum des Austrian Investing-Paradigmas steht, ist die Geldpolitik. Auf freien Märkten würde sich der sogenannte „natürliche Zins“ herausbilden, der die Ersparnisse und Investitionen koordinierte und der die unzähligen individuellen Trade-off-Entscheidungen der Menschen widerspiegelte, Ressourcen für Konsum oder Investitionen einzusetzen. Da der real existierende Zins jedoch von zentraler Stelle – nämlich von den Notenbanken – festgelegt wird und diese mit verschiedenen Maßnahmen Einfluss auf den wirtschaftlichen Prozess nehmen, sind nach Ansicht der Österreicher elementare Marktmechanismen außer Kraft gesetzt. Anlage- und Investitionsentscheidungen müssen somit zwangsläufig unter verzerrten Marktbedingungen getroffen werden.
Die verzerrten Marktbedingungen lassen sich mithilfe des Österreichischen Instrumentariums ganz gut analysieren, da hier hervorragende Theorien zum Verständnis des Geldsystems, von Zinsen und Konjunkturzyklen, Blasenentwicklungen etc. herausgearbeitet wurden. So ist beispielsweise für Anleger die Erkenntnis eine wichtige, dass Unternehmensgewinne mitunter wesentlich weniger entscheidend für die Entwicklung von Aktienpreisen sein können als eine durch lockere Geldpolitik ausgelöste Entwertungsflucht, von der auch das aktuell kursierende Motto „Dividende ist der neue Zins“ zeugt. Reines Value-Investing würde hier zu falschen Schlüssen kommen.
Die derzeitige Marktlage aus Österreichischer Sicht
Kenner der Österreichischen Schule wissen, dass in dieser Denktradition das Kreditgeldsystem das Gravitationszentrum der Konjunkturtheorie darstellt. Durch das Prinzip der Teilreservehaltung kann einerseits aus einem verhältnismäßig geringem Bestand realer Ressourcen eine große Menge fiktiver Ressourcen geschaffen werden, die für investive wie auch für konsumtive Zwecke zur Verfügung stehen; andererseits können Vertrauensverluste und Kreditausfälle weitreichende realwirtschaftliche Folgen haben, da eben nur ein äußerst kleiner Teil der Passiva mit realen Werten besichert ist.
Das grundlegende Prinzip heißt also Schuldenausweitung – und jegliche Geldpolitik, die die Konjunktur zu beleben sucht, zielt auf eine weitere Ausreizung dieses Prinzips ab. Problematisch ist jedoch, dass man sich dadurch systematisch in eine Abhängigkeitsspirale manövriert: Um die Schulden tragbar zu halten, muss Deflation partout verhindert werden, da die Schuldenlast andernfalls real zunähme. Aus diesem Grund verfolgen die Zentralbanken seit den 1990er Jahren Inflationsziele in Form von moderaten Teuerungsraten.
Allerdings haben die Zentralbanken nur mittelbaren Einfluss auf die Teuerung; von der Möglichkeit einer subtilen Steuerung kann keine Rede sein. Unter anderem sind das Ausmaß, in dem die Geschäftsbanken ihr Kreditschöpfungspotenzial im Rahmen der Teilreservehaltung ausschöpfen, sowie die Erwartungshaltung der Marktteilnehmer gewichtige Residualgrößen. In den letzten Jahrzehnten dämpften eine größere Handelsintegration sowie der technische Fortschritt die Inflationsraten, was die auf ihre Inflationsziele bedachten Zentralbanken zu einer extrem lockeren Geldpolitik veranlasste, die jedoch vornehmlich die Vermögenspreise in die Höhe trieb. Die Finanzkrise war vorprogrammiert.
Seit der Finanzkrise findet eine enorme Zuspitzung der Lage statt. Die Krise war ein Symptom massiver Fehlleitungen von Kapital. Schulden hätten liquidiert werden müssen. Genau das aber haben die Zentralbanken verhindert, indem sie alles daran gesetzt haben, die Krise abzufedern und in der Folgezeit die Märkte zu stimulieren. Quantitative Easing, Forward Guidance und die Nullzinspolitik sind allesamt Maßnahmen, mit denen die Notenbanken Liquidität in die Märkte gebracht haben: Beispielsweise hat sich die Basisgeldmenge in den USA seit 2008 fast verfünffacht. Dabei wurden jedoch verkrustete Strukturen konserviert und, schlimmer noch, weitere Fehlleitungen von Kapital in unproduktive Zwecke veranlasst.
Auch der Reflationierungserfolg selbst blieb bislang bescheiden. Die Banken waren unterkapitalisiert und zehrten an den Folgen der Krise, was sie zu einer verhaltenen Kreditvergabe bewog. Auch strengere regulative Auflagen wie Basel III sowie eine gewisse Saturierungstendenz seitens der Kreditnehmer, die mehr und mehr überschuldet sind, gebieten der Kreditexpansion Einhalt.
Während sich die Teuerungsrate verhalten bzw. sogar rückläufig, das heißt disinflationär, entwickelt hat, haben im Hintergrund sowohl inflationäre als auch deflationäre Kräfte gewaltig an Fahrt aufgenommen. Die Grundfesten des Weltfinanzsystems können von dieser „monetären Tektonik“ jederzeit erschüttert werden. So könnte eine sehr ausgeprägte Inflation postwendend zur Realität werden, beispielsweise wenn Rohstoffpreise wieder steigen, der technische Fortschritt sich abschwächt oder die Erwartungshaltung der Menschen sich ändert. Da die lockere Geldpolitik kaum zu Produktivinvestitionen geführt hat und mittlerweile eine globale Rezession als wesentlich wahrscheinlicher erscheint als der vielbeschworene selbsttragende Aufschwung, ist Stagflation ein ziemlich realistisches Szenario für die kommenden Jahre.
Die Zentralbanken wären nun im Falle steigender Konsumentenpreise ziemlich machtlos. Viele Marktteilnehmer spekulieren auf langfristige Nullzinsen. Darum könnte ein Zinserhöhungszyklus leicht eine nicht mehr zu kontrollierende Menge an Kreditausfällen auslösen. Laut einer Studie von McKinsey ist die weltweite Verschuldung seit 2007 nochmals um 57 Billionen US-Dollar angestiegen. Vor allem die Regierungen haben in den letzten Jahren die Haushaltskonsolidierung auf die lange Bank geschoben, was dazu geführt hat, dass heutzutage viele Industrienationen ohne das Niedrigzinsumfeld zahlungsunfähig wären. Sowohl für Zinserhöhungen wie auch für sonstige Rettungsaktionen sind den politisch Verantwortlichen die Hände gebunden – egal ob das Pendel in Richtung (Hyper-)Inflation oder in Richtung einer weiteren Krise mit massiven Konkursen und deflationären Tendenzen ausschlagen sollte.
Was bedeutet das für Anleger?
Das Wissen über historische Währungssysteme, über das Teilreservesystem, die Kenntnis der Konjunktur-, Zins- und Kapitaltheorie, der differenzierte Blick auf Inflation sowie das Verständnis des Cantillon-Effekts etc. helfen dabei, umfassende Fehlbewertungen zu erkennen und signifikante Marktreaktionen zu antizipieren. Da die Österreichische Schule nicht sehr verbreitet ist, weicht man mit einer entsprechenden intellektuellen Ausrüstung stark vom gängigen Paradigma ab und kann daher überproportional profitieren, sollte die eigene strategische Positionierung aufgehen.
Allerdings kann das Österreichische Hintergrundwissen auch irreführen, beispielsweise wenn man darüber zu besonders starken, geradezu dogmatischen Überzeugungen und sturen Positionierungen gelangt. Eine allzu hohe Sensibilisierung für Fehlallokationen kann sich dann in einer sehr extremen Portfoliozusammensetzung widerspiegeln, die zu Schwankungen führt, vor denen Kunden zurückschrecken. Schließlich bleibt die Timing-Problematik: Es mögen mithilfe der Österreichischen Perspektive exzessive Fehlallokationen diagnostiziert werden können, aber es lässt sich nicht genau ausmachen, wann die Stimmung kippt und die Probleme zutage treten.
Im Folgenden soll nun ein Blick auf die konkrete Anlagepraxis geworfen werden.
Ein «Permanentes Portfolio» als konservatives Kerninvestment
Anleger stehen angesichts volatiler Märkte und historischer Niedrigzinsen vor einem Dilemma: Wollen sie negativen Realzinsen entgehen, müssen sie in immer risikoreichere Anlagen investieren. Vor allem auf Sicherheit bedachte Anleger, die ihr Leben lang mit Anleihen gut gefahren sind, werden so unter Druck gesetzt. Nicht nur kurzfristige Bonds sind infolge der Nullzinsen betroffen, auch Anleihen mit längeren Laufzeiten sind unattraktiv: Bei einer schlechten konjunkturellen Entwicklung könnten Zweifel an der Bonität des Schuldners aufkommen, sollte sich die Konjunktur hingegen gut entwickeln, hätte dies Kursverluste zur Folge.
Sinnvollerweise gehen Anleger nun in andere Vermögensklassen und streuen erhöhte Risiken durch Diversifikation im Rahmen eines Portfolios. Eine interessante Strategie hierfür ist das sogenannte «Permanente Portfolio», das Harry Browne zu Beginn der 1970er Jahre entwickelte. Hierbei wird zu je 25 Prozent in Gold, Cash, Anleihen und Aktien investiert. Die verschiedenen Anlageklassen entwickeln sich in unterschiedlichen ökonomischen Szenarien gegensätzlich, wodurch unabhängig von der Marktlage stabile Renditen bei reduziertem Risiko möglich sind.
An bestimmten Stichtagen muss das Portfolio wertmäßig ausgeglichen werden. Gewinne der outperformenden Anlageklassen werden dabei abgeschöpft und die Assetklassen, die weniger gut performt haben, werden nachgekauft, wodurch der Strategie ein klar antizyklisches Element innewohnt. Das Permanente Portfolio verlangt also keine spezifischen Timing-Entscheidungen und zudem sind die anfallenden Kosten aufgrund der seltenen Transaktionen und des minimalen Managementaufwandes sehr tief.
Eine interessante Adaption dieses Konzepts stellt unser Incrementum Permanent Fund dar.
Gold
Edelmetalle, Minenaktien, Rohstoffe und Energieaktien gehören zu den inflationssensitiven Anlagen. Da seit 2011, als viele dieser Anlagen kumulierten, vorrangig disinflationäre Phasen das Umfeld ausmachten, entwickelten sich jene Anlagen weitestgehend schwach. Die Wahrscheinlichkeit ist jedoch hoch, dass das Tief der Inflationsdynamik bald hinter uns liegen wird – die Regierung kann sich weiterhin fallende Inflationsraten und positive Realzinsen auf Dauer schlichtweg nicht leisten. Wie zuvor erörtert, kann die derzeit massiv stattfindende monetäre Inflation jederzeit auf die Warenkörbe „überschwappen“ und eine unkontrollierbare Dynamik entfachen.
Gold, das seit 2011 im Dollar-Maßstab um ca. 40 Prozent eingebrochen ist, performte historisch in Inflations- wie auch in Deflationsphasen ausgesprochen gut. Aufgrund seiner historischen Rolle sowie seiner geringen industriellen Nachfrage, macht es Sinn, Gold als monetäres Gut zu betrachten, das durch seinen hohen Stock-to-Flow-Ratio wesentlich stabiler ist als jegliche Währungen. Der langfristige Anstieg des Goldpreises ist letzthin Ausdruck der permanenten Entwertung der Währungen.
Es ist eine fragwürdige Gepflogenheit, dass auch in anderen Währungsräumen der Goldpreis in US-Dollar als ausschlaggebend betrachtet wird. Da der Dollar zuletzt eine erhebliche relative Stärke gegenüber anderen Währungen zeigte, führt dies zu einer verzerrten Wahrnehmung. Tatsächlich performt Gold in anderen Währungen gar nicht so schlecht, vielerorts findet sogar eine Fortsetzung des Bullenmarktes statt.
Im weiteren Sinne ist der Goldpreis der Kehrwert der wahrgenommenen Stabilität des Finanzsystems – je mehr das Geldsystem zu kollabieren droht, desto größer ist die Nachfrage nach Gold als krisenfestes Geld. Die derzeitige Flaute des Goldpreises legt nahe, dass das Gros der Marktteilnehmer das Szenario einer solch einschneidenden Krise für wesentlich unwahrscheinlicher hält, als es eine Österreichische Analyse tut. Zwar wahrt die Kaufkraft des Fiat-Geldes momentan einen stabilen Anschein, doch sollten nun tatsächlich die Konsumentenpreise zu inflationieren beginnen und die Menschen registrieren, dass die Notenbanken diese nicht durch Zinserhöhungen zügeln können, dann dürften alternative Geldformen wie Gold eine erhebliche Rolle spielen. Vor diesem Hintergrund erscheint es derzeit ein gutes Stück unterbewertet.
Goldminenaktien
Goldminenaktien gehören zu den volatilsten Aktien und haben den höchsten Hebel auf die Inflationsdynamik. Die Performance dieser Aktien ist in den letzten Jahren dementsprechend desaströs gewesen. Der NYSE Arca Gold BUGS Index, der die 16 größten ungehedgeten Goldproduzenten abbildet, ist von seinem Allzeithoch in Höhe von 638,59 US-Dollar in den Bereich der 100-Dollar-Marke abgestürzt; Ähnliches gilt für den GDX und den GDXJ.
Die zuletzt schwache Performance des Sektors hatte sowohl externe Faktoren als auch eklatante Managementfehler zur Ursache. Im Zuge einer Marktbereinigung hat sich der Sektor jedoch neu ausgerichtet und bekennt sich zu Rentabilität, Kapitaldisziplin und Shareholder Value. Zudem stimmen rückläufige Förderkosten, radikale Produktivitätsverbesserungen und gestärkte Bilanzen optimistisch für die zukünftige Entwicklung.
Generell sollten Minenaktien top-down verwaltet werden, also ihr Investitionsgrad sollte entsprechend des inflationären Umfeldes aktiv gesteuert werden, denn sie sind ausgesprochen antizyklisch. Es kann durchaus Sinn machen, innerhalb eines längeren Zeitraums entsprechend eines vordefinierten Investitionsplans steigende Investitionsgrade zu erreichen, um sich so den Cost-Average-Effekt zunutze zu machen, der besonders bei hohen Schwankungen ausgeprägt ist. Auch das Verschreiben von Put-Optionen kann interessant sein, um so bei weiter fallenden Preisen günstiger in die Anlageklasse einsteigen zu können.
Stagflation
Wie weiter oben erwähnt, ist Stagflation ein realistisches Szenario für die nächsten Jahre. Wie sollte man investiert sein, um hier nicht auf dem falschen Fuß erwischt zu werden?
Neben inflationssensitiven Anlagen können hier ETFs (bzw. auch Reverse ETFs) interessant sein. Reale Werte wie Aktien, die gemeinhin als Inflationsschutz angesehen werden, sollten jedoch kritisch hinterfragt werden. Der Blick sollte sich zum einen auf essentielle Dinge richten, die Menschen auch in Krisenzeiten zwingend benötigen (z.B. Öl, Elektrizität). Zum anderen sollte ganz allgemein mithilfe der Fundamentalanalyse nach solide dastehenden Firmen mit krisenresistenten Geschäftsmodellen Ausschau gehalten werden.
Der Investor als visionärer Unternehmer
Um unter den komplexen Marktbedingungen als Spekulant bestehen zu können, bedarf es eines ausgesprochen guten Gespürs – das richtige Timing zu finden, ist eine vornehmlich intuitive Angelegenheit. Intuition bildet sich jedoch nur innerhalb eines durch den Zeitgeist geprägten Systems aus. Im Gegensatz zum Spekulanten hat der Ökonom einen distanzierteren Blick auf das Ganze und auf mögliche Entwicklungsszenarien, er entbehrt aber oftmals den unmittelbaren Bezug zu dem, was sich in der Lebenspraxis wirklich abspielt.
Die Österreichische Schule sieht jenen Akteur als wichtigsten Gestalter in der Ökonomie, der beides hat, der also ein theoretisches Verständnis von wirtschaftlichen Zusammenhängen sowie die Wahrnehmung dafür hat, was im Markt resonanzfähig ist und wie sich die Dinge entwickeln – dieser Akteur ist der visionäre Unternehmer. Und der nimmt nicht nur intuitiv wahr, sondern strukturiert.
Investieren muss immer als unternehmerischer Prozess begriffen werden, da das entscheidende Risiko durch die Bereitstellung von liquiden Mitteln eingegangen wird. Investoren müssen also über die unternehmerische Wahrnehmungsfähigkeit verfügen, um die Richtung komplexer Entwicklungen zu antizipieren, auf die sie dann eine Wette platzieren. Es ist gut möglich, dass sich das Investieren auf Grundlage der Österreichischen Schule als gute Wette herausstellen wird!
Ronald-Peter Stöferle und Mark J. Valek, Partner und Fondsmanager der Incrementum AG sowie Buchautoren des Bestsellers «Österreichische Schule für Anleger – Austrian Investing zwischen Inflation und Deflation» (zus. mit Rahim Taghizadegan)